Bei der Verlängerung der Trolleybuslinie 1 bis zur Mall of Switzerland bröckelte dann die Einigkeit etwas, aber auch dieser Beschluss kam mit einer satten Mehrheit von 88 zu 26 Stimmen zu Stande. Bei fünf der sechs nachfolgenden Botschaften gab es keine einzige Gegenstimme. Aber danach ging es zu den Vorstössen und hier kam es schnell zu hitzigen Diskussionen, Schuldzuweisungen, ja sogar persönlichen Beleidigungen. Die Kantonsratspräsidentin klemmte mehrmals das Mikrophon ab und musste sogar den Rat zu mehr Anstand und Respekt auffordern.
Vertrauen als Basis für Erfolg
Doch warum kam es eigentlich zu all diese Emotionen? Bei etlichen Vorstössen ging es im Kern um das Vertrauen in die Regierung. So wurde unteranderem über die Ausschreibung von Verwaltungsratsmandaten im Besitz des Kantons, über den Vertrauensschutz bei Prämienverbilligungen oder über den Datenschutz debattiert. Die Vorstösse und die Diskussion im Rat zeigten, dass Vertrauen nicht nur die Basis für gelingende persönliche und geschäftliche Beziehungen ist, sondern auch für eine wirkungsvolle Politik.
Kommunikation als Basis für Vertrauen
Doch nicht nur Vertrauen war ein wichtiges Thema, auch über die Kommunikation wurde viel diskutiert. Ein gutes Beispiel hierfür war das „Postulat über die neue Strafgebühr bei der Bezahlung der Motorfahrzeugsteuer für Personen ohne E-Banking“ von Ludwig Peyer. Dieser Vorstoss wurde als „dringlich“ eingereicht. Das bedeutete, dass die Behandlung nicht nach rund einem Jahr erfolgt, sondern unmittelbar an der gleichen Session. Die Hürden, dass ein Vorstoss effektiv auch dringlich behandelt wird, sind hoch angesetzt, da es sich eigentlich um eine Notfallmassnahme handelt. Laut der Geschäftsordnung des Kantonsrates müssen dazu insgesamt sechs Kriterien erfüllt sein. Unteranderem muss der Vorstoss über ein ausserordentliches politisches Gewicht verfügen. Der Kantonsrat war sich einig, dass dieses Kriterium eigentlich nicht gegeben ist, trotzdem wurde der Vorstoss dringlich behandelt (86 zu 28 Stimmen). Warum? Dies geht aus den Voten des Kantonsrates hervor. Das ausserordentliche politische Gewicht resultierte nicht aus der Höhe der Gebühr selbst, diese beträgt Fr. 1.50 pro Rechnung (mehrere Fahrzeuge wurden jeweils separat fakturiert), sondern aus etwas, dass man kaum beziffern kann, nämlich die Folgen der mangelhaften Kommunikation. Die Bürgerinnen und Bürger reagieren bekanntlich sehr sensibel auf Steuer- und Gebührenerhöhungen. Dass das Strassenverkehrsamt ihre Kunden erst am 20. Dezember informierte und der Wechsel auf die E-Rechnung bis zum 30. Dezember 2018 erfolgen musste, haben nicht alle Kunden goutiert. Einige haben sogar als Prostest vom Rechnungsbetrag die Fr. 1.50 abgezogen oder haben Einzahlung am Postschalter vorgenommen (was Gebühren für den Kanton auslöst). Man mag solche Aktionen als kleinlich betrachten, aber sie sind auf jeden Fall ernst zu nehmen – und haben, in den Augen des Kantonsrates ein ausserordentliches politisches Gewicht.
Einigkeit bezüglich Kommunikationsfehler
Denn hier geht es im Grunde genommen nicht um den Betrag selbst, sondern wiederum um das Vertrauen in den Kanton. Es erstaunt daher auch nicht, dass dieser Vorstoss nicht nur in vorberatenden Fraktionssitzungen kontrovers diskutiert wurde, sondern sich gleich 14 Votanten dazu im Kantonsrat zu Wort meldeten. Ausnahmslos alle waren sich einig, dass die Einführung der E-Rechnungen zwar auf Seite 149 (von 347) im kürzlich verabschiedeten Aufgaben- und Finanzplan 2018 - 2021 aufgeführt wurde, aber dass die Kommunikation über den Systemwechsel und die Einführung der Rechnungsgebühr mangelhaft war. Es wurde darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre die Rechnungsgebühr wieder zu stornieren. Um weitere buchhalterische Verwirrungen zu vermeiden, hat man jedoch davon abgesehen. Der Schaden war schon angerichtet, so der Tenor.
Entschuldigung: Ein Zeichen der Grösse
In Anbetracht der grossen Diskussionen im Kantonsrat über Themen wie Vertrauen und Kommunikation stellt sich die Frage, was die Reaktion des Kantonsrates darauf ist. Die Antwort ist einfach: Natürlich einen Vorstoss! Bereits in der letzten Session wurde dazu die Motion von Herbert Widmer über „die zeitnahe Durchführung einer Evaluation der politischen Kultur und Zusammenarbeit im Kanton Luzern“ überwiesen. Dieser Vorstoss in Ehren, aber wichtiger als Papier sind effektive Taten – und auch die gab es an dieser Session. Der für die mangelhafte Kommunikation der Rechnungsgebühren verantwortliche Regierungsrat Paul Winiker, machte etwas, was man selten in der Politik sieht und die Gemüter schlagartig beruhigte. Er entschuldigte sich in aller Form. Eine nicht alltägliche Tat, die unseren Respekt verdient.
Jim Wolanin, Kantonsrat FDP.Die Liberalen, Neuenkirch