Journalistische Verantwortung ist entscheidend

 

 

 

 

16.02.2017 | Angela Pfäffli | Kennen Sie das: Sie kochen für Gäste, und wählen ein Menü, welches sie schon x-mal gekocht haben und bei dem Sie sicher sind, dass es Ihnen aufs Beste gelingen wird. Schliesslich wollen Sie Ihre Gäste verwöhnen und mit Ihren Kochkünsten überzeugen- doch ausgerechnet heute verklebt das Risotto.

 

 

 

Oder Sie haben etwa Folgendes erlebt: Bei Ihrer Meisterprüfung hatten Sie Anspruch auf eigene Höchstleistung, aber ausgerechnet heute rutschte Ihre Hand aus und Sie verpatzten Ihr Meisterstück mit einem Kratzer. Oder Sie sollten eine Antrittsrede halten, wollten dies auf spezielle Art tun, hinreissend, dynamisch und überzeugend. Sie haben sich entsprechend gut vorbereitet – doch ausgerechnet heute, wenige Stunden vor dem Auftritt erreichte Sie privat eine schlechte Nachricht. Sie haben sich zusammen gerissen, alle Kräfte mobilisiert- doch beim ersten Satz versagt Ihre Stimme. Dies bringt Sie erneut aus dem Konzept und die gut einstudierte Pointe bleibt weg. Facit: ein Misserfolg.

 

Situationen, die Sie liebe Leser und Leserinnen vermutlich in ähnlicher Form alle schon erlebt haben. Unbegreiflich, Niederschmetternd wie innerer Druck sich vernichtend auf unser Handeln, unsere Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit auswirken und uns Misserfolge bescheren kann- ungewollt und trotz bester Vorbereitung willentlich nicht beeinflussbar.

 

„Gut entscheidet, ob es eine Party wird“- so die Schlagzeile einer Zentralschweizer Zeitung von letzter Woche.Im nachfolgenden Text wird eingehend von der Medienkonferenz mit Lara Gut berichtet. Aus dem Text geht für mich klar hervor: Journalisten kennen keine Gnade. Sie fragen auf subtile Art und hacken skrupellos so lange nach, bis sie d i e Aussage haben, die sie hören möchten. Aussagen, welche Ihnen weitere Schlagzeilen und Stories ermöglichen. Wehe, es gelingt, die Fragenden mit Allgemeinen Sätzen abzuspeisen. Dies ist Lara Gut in diesem Fall hervorragend gelungen. Chapeau! Doch trotz ihrer Aussagen war vermutlich der innere, vor allem aber der äussere Erwartungsdruck an die junge erfolgreiche Sportlerin riisig.

 

Ich bin überzeugt, viele von Ihnen haben mit diesem inneren Erwartungsdruck, der uns im springenden Moment ein Bein stellt und Erfolge verpatzen lässt, im Verlaufe des Lebens Bekanntschaft gemacht und sich von ihm fürchten gelernt. Es gibt Techniken, ihn zu überwinden. Und trotzdem ist niemand vor solchen Situationen gefeit, das gehört zum Leben: Pech. So gesehen bedeuten so entstandene Misserfolge keinen Weltuntergang. Was für Normalbürger gilt, gilt auch für Personen, welche im Rampenlicht oder im öffentlichen Interesse stehen. Jedoch vermögen Schlagzeilen, Pressekommentare, Vermutungen oder überzeichnete Interpretationen Erwartungen zweifellos zu verstärken und zusätzlichen Druck zu erzeugen. Welch grosse Verantwortung haben doch Medienschaffende. Nehmen sie diese auch wirklich war?

 

Persönlich beantworte ich diese Frage mit klarem Nein. Effekt, Sensation, Stories müssen her, sei es in sozialen oder in Print Medien. Früher war es vor allem die Boulevardpresse, mittlerweile ist diese Tendenz aber auch in Tageszeitungen erkennbar. Bei Interviews schwebt bei mir als Politikerin immer eine leichte Angst mit, in die Pfanne gehauen zu werden. Hemmungslos wird tituliert, selbstkritiklos kommentiert, ungeachtet der möglichen Auswirkungen. Oft fehlt es an Reflexion, Respekt gegenüber involvierten Personen, oder ethischen Grundsätzen. Mit neutraler Berichterstattung nimmt man es nicht mehr so genau, egal mit welchem Resultat. Fake News (Falschmeldungen) gehören zur Tagesordnung. Was das auf sich hat? Amerika lässt grüssen. Journalistische Verantwortung gerät in Vergessenheit um die Leserquote zu steigern. Wichtiges wird von unwichtigem nicht mehr unterschieden, Hauptsache man hat eine Story. Leser werden über persönliche Ereignisse Anderer informiert, die sie eigentlich gar nicht wissen wollen. Ereignisse werden dramatisiert oder als brisant eingestuft, auch wenn alles halb so wild war- sprich übertrieben dargestellt. Falschinformation und / oder Verunsicherung sind die Folge. Was soll man glauben? Eine besorgniserregende Entwicklung.

 

Ich wünsche mir, dass Journalistische Verantwortung, wieder zum Credo der ganzen Berufssparte wird und es für alle Medienschaffenden Ehrensache ist, sich ihrer zu bedienen. Dies gäbe einen wirklichen Mehrwert für uns Leserinnen und Leser.

 

Angela Pfäffli, Kantonsrätin FDP. Die Liberalen, Grosswangen