Bilaterale Verträge: Stabile Verhältnisse herstellen

 

 

 

04.02.2018 | Damian Müller | Die bilateralen Verträge tragen wesentlich zum Wohlstand der Schweiz bei. Der Bundesrat muss möglichst bald einen Vorschlag unterbreiten, wie es weitergehen soll. Rechtsunsicherheit schadet unserer Wirtschaft. Gefragt ist ein nüchternes Vorgehen, um endlich stabile Verhältnisse zwischen der EU und der Schweiz zu schaffen.

 

 

 

Natürlich ist es alles andere als erfreulich, wenn die EU unser Land wegen der privilegierten Besteuerung von Holdinggesellschaften auf eine graue Liste setzt. Oder wenn sie die Anerkennung unserer Börsenregulierung auf ein Jahr beschränkt. Das Falscheste wäre aber, wenn wir jetzt mit dem Kopf durch die Wand gehen und ein Machtspiel anzetteln. Ein solches könnenwir nur verlieren. Angebracht ist vielmehr eine nüchterne und faktenbasierte Reaktion.

 

Die Bilateralen Verträge sind ein Standortfaktor

Die EU ist mit ihrem Markt von rund 500 Millionen Personen unsere absolut wichtigste Handelspartnerin. 54 Prozent unserer gesamten Exporte gehen in die EU. In die USA gehen lediglich 15 Prozent, nach China nur 4,7 Prozent. Das Handelsvolumen mit Baden-Württemberg entspricht etwa jenem mit den USA, jenes mit der Grossregion Mailand-Turin ist grösser als das mit China und selbst der Austausch mit dem Tirol ist umfangreicher als der mit Russland oder Brasilien. Es ist also in unserem vitalen Interesse, solide Beziehungen zu unseren Nachbarn zu haben. Natürlich hat auch die EU ein Interesse an guten Beziehungen. Allerdings machen die Exporte in unser Land nur gerade etwas über 8 Prozent der gesamten EU-Ausfuhren aus.

 

Damit unsere Unternehmen einen möglichst freien und reibungslosen Zugang zum europäischen Markt haben, hat die Schweiz mit der EU zahlreiche bilaterale Verträge abgeschlossen. Diese Verträge sollen gegenseitig Schranken aller Art abbauen: Im Verkehr, im Handel, in der Forschung und in vielen weiteren Bereichen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Spiesse unserer Firmen und jener in der EU gleich lang sind. Dank diesen Verträgen verzeichnet unser Land ein reales BIP-Wachstum von durchschnittlich 1.8% im Jahr. Man kann also mit Fug und Recht feststellen, dass die bilateralen Verträge ein wichtiger Faktor für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz sind. Sie fördern die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen und sichern viele Arbeitsplätze. Kurz, die Bilateralen tragen wesentlich zu unserem Wohlstand bei!

 

Recht ist nicht statisch

Mit den bilateralen Verträgen akzeptieren wir in ausgewählten Bereichen die EU-Regeln. Wir verlangen ja schliesslich auch, dass man sich an unsere Gesetze hält, wenn man in unserem Land Geschäfte machen will. Nun ist Recht aber nicht statisch. Wenn die EU ihr Recht weiterentwickelt und anpasst, hat das auch Auswirkungen auf die Schweiz. Die EU möchte deshalb ein neues sogenanntes Rahmenabkommen abschliessen oder ein Marktzugangs-Abkommen, wie es Bundesrat Cassis laut Medienberichten nennen will. Für die FDP.Die Liberalen kommen mehrere Optionen in Betracht. Die Fraktion befasst sich aktiv mit dem Thema, anfangs Februar wird entschieden, in welche Richtung es gehen soll. Es liegt nun an unserer Landesregierung, dem Parlament möglichst bald einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen.

Wir sollten ein solches Abkommen aber nicht überschätzen und vor allem nicht zur Existenz-Frage unserer Schweiz emporstilisieren. Wir sollten es nehmen als das, was es ist: Als eine wichtige Grundlage für vereinfachte Handelsbeziehungen.

 

Begrenzungsinitiative schafft zusätzliche Rechtsunsicherheit

Die Zeit drängt umso mehr, als dass mit der Begrenzungsinitiative der SVP eine zusätzliche Rechtsunsicherheit geschaffen werden könnte. Denn das Ziel der Initiative ist die Abschaffung der Personenfreizügigkeit, was bedeuten würde, dass die gesamten bilateralen Verträge hinfällig würden. Natürlich können wir als souveräner Staat beschliessen, dass wir unsere eigenen Regeln haben und dass alle, die mit uns ein Geschäft machen wollen, sich an diese Regeln halten müssen. Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass das nicht gratis ist. Vor allem tun wir gut daran, keine weiteren rechtlichen Unsicherheiten zu schaffen, denn Rechtsunsicherheiten sind Gift für unsere Wirtschaft.

 

 

Damian Müller, Ständerat FDP, Hitzkirch